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Teil 6

Einlassungslast

Zusammenhang zwischen Einlassungslast und Präklusion

Eine Partei, die im Zweitstaat erfolgreich das Anerkennungs- bzw. Vollstreckungshindernis Prozeßbetrug geltend machen kann, ist in vielen Fällen nicht auf eine weitere Prozeßführung im Erststaat angewiesen.

Im eingangs beschriebenen Beispiel etwa wird sich Herr Schulze darüber freuen, wenn er den Prozeßbetrugseinwand vor deutschen Gerichten vorbringen kann und nicht noch einmal nach Frankreich fahren muß, um das Urteil dort in einem Wiederaufnahmeverfahren anzugreifen.

Allgemein gilt also: Je weniger der Zweitstaat den Prozeßbetrugseinwand präkludiert, desto geringer ist die Einlassungslast für die betrogene Partei im Erststaat.

»Unzumutbarkeit« der Einlassung im Erststaat

Der Gesichtspunkt der »Einlassungslast« einer im Ausland betrogenen Partei wird dann auch oft als Argument gegen eine Präklusion im Zweitstaat angeführt. So schreibt Haimo Schack:

»Von einem Beklagten, der sich einem unfairen ausländischen Verfahren ausgesetzt sieht, kann man schwerlich verlangen, dass er das nötige Geld und vor allem Vertrauen in eine Fortsetzung des Rechtsstreits im Ausland investiert.«

Eine ähnliche Argumentation findet sich bei Fritz Baur, Peter Kaye, Rolf Stürner und Rolf Schütze.

Auch der BGH verfolgt mit seiner neuen Rechtsprechung von 1999 und 2004 anscheinend das Ziel, den Beklagten vor unbilliger Einlassungslast zu schützen: Ausnahmsweise soll dem Beklagten der Betrugseinwand dann nicht abgeschnitten werden, wenn der Beklagte auf jegliche Einlassung im Erststaat verzichtet hat; zur Begründung führt der BGH aus, es stehe »dem im Inland ansässigen Beklagten frei, sich im Ausland überhaupt einzulassen.« (Vgl. zu dieser Rechtsprechung bereits oben die Darstellung der Präklusionsmodelle vom Typ 4.)

»Gerichtspflicht« im Erststaat

Andere Stimmen halten die Einlassung im Erststaat nicht für unzumutbar, sondern gehen gerade umgekehrt von einer »Gerichtspflicht« im Erststaat aus. Reinhold Geimer führt aus:

»[D]ie [...] Vorschriften über die internationale Zuständigkeit fremder Staaten [...] legen ›die internationale Gerichtspflichtigkeit des Beklagten‹ fest; d. h. sie bestimmen denjenigen Staat bzw. diejenigen Staaten, vor dessen bzw. deren Gerichten es dem Beklagten [...] zugemutet werden kann, sich gegen die Klage zu verteidigen.«

Ähnliche Ansichten finden sich bei Georges Droz, Wolfgang Hau, Burkhard Hess und Katja Voegele.

Zwischenergebnis zur Einlassungslast

Zu der Frage, ob einer im Erststaat betrogenen Partei dort eine weitere Einlassung zugemutet werden kann, werden in Literatur und Rechtsprechung gegensätzliche Ansichten vertreten, von denen maximal eine richtig sein kann.

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